Mein erster Marathon

Es war der 1.11.2017, der 17. Geburtstag meines Sohnes Sebastian und ich lag mit Bierlaune im Bett. Meine Fussball-Laufbahn war lange beendet und ich lief gelegentlich 10 km und startete bereits 2016 bei der Kurzdistanz des Münchener Marathons. Der Einlauf nach den 10km ins Stadion war ein tolles Erlebnis, aber auch schnell wieder vergessen. Dort traf ich einen Arbeitskollegen, der für die volle Distanz gemeldet, aber leider verletzt war. Ein Jahr später traf ich ihn wieder und wir unterhielten uns über das Laufen. Er erzählte mir, dass er sich bereits 3x für den Berlin Marathon angemeldet, aber bisher kein Losglück hatte. Losglück? OK, 44.000 Läufer können wohl starten und es gibt mehr als 250.000 Anmeldungen. Das alles ging mir also durch den Kopf, als ich meine Daten ins Handy tippselte, klar nehm ich ein Finisher-Shirt und alles andere was es so gibt, zack 160,00 € auf der Kreditkarte, die aber nur belastet wird, wenn ich Losglück habe, kann ja nix passieren, dachte ich...
Es war der 30.11.2017, 18:35 Uhr,
ich war einkaufen, als die E-Mail von SCC Events eintraf.
Betreff: Verlosungsergebnis BMW BERLIN MARATHON 2018.
Das Handy schnell wieder weggepackt und sacken lassen.

Jetzt wird es also ernst, am 16.09.2018 läufst Du 42km.
   
Die Vorbereitung auf die Marathon-Vorbereitung startete am 01.01.2018 mit einem kleinen Neujahrslauf von 7,5 km in 50 Minuten. Im Januar war ich noch sehr fleißig und kam auf 90 km in 10 Einheiten. Im Februar ging es dann ins Krankenhaus und es folgte ein Zwangspause bis Ende März. Ein Teil der Ohrspeicheldrüse wurde entfernt und auf mögliche Bösartigkeit untersucht, glücklicherweise ohne nennenswerten Befund.

Eine schwere Zeit mit vielen Ängsten und Gedanken über das Leben lag nun hintermir, jetzt hieß es wieder nach vorne schauen und den ersten Marathon laufen.

Über Runnersworld erstellte ich mir einen Trainingsplan, dieser startete am 25. Juni 2018 bis dahin lief ich nach Lust und Laune. Meine bis dahin längste gelaufene Strecke waren 15 KM. Ich stellte fest wie wichtig ein fester Trainingsplan ist. Ohne diesen wurden doch einige Einheiten verschoben oder ausgelassen. Meinen Trainingsplan habe ich dann wirklich zu 95% umgesetzt. Eine kurze Pause von 5 Tagen war einer leichten Fussverletzung geschuldet.
Es folgten Intervalle, Long-Runs, Sprints, Pyramidenläufe
und zwischendurch auch der ein oder andere Wettkampf.

Im Juni 128 km in 12 Einheiten
Juli 200 km in 15 Einheiten
August 217 km in 16 Einheiten

#laufenstattsaufen
Silvester 2017 wurde der letzte Tropfen Alkohol getrunken. Für 2018, bzw. bis zum Berlin Marathon stand also nur noch bleifrei auf dem Programm. Zuviele Feste, viel zu oft der Letzte an der Bar. Der Rest ist Geschichte...


Am 13. Mai fand in Regensburg der Continental-Marathon statt, hier startete ich gemeinsam mit Freunden zum Viertelmarathon.


"You´ll never walk alone"


10,6 km in 00:58:28


da war ich aber schon mal schneller unterwegs

In meinen Trainingsplan war für den 12. August ein Halbmarathon-Wettkampf angesetzt, an meinem 46. Geburtstag. Also wurde der Lauf-Kalender nach passenden Veranstaltungen durchsucht - und tatsächlich, am 12.08. fand der Allgäuer Panorama-Marathon statt.


Das Allgäu ist ja nun ein Teil der Alpen, somit muss wohl auch mit Bergen und entsprechenden Höhenmetern gerechnet werden. 200 Höhenmeter standen in der Ausschreibung, diese auch fast am Stück, der Rest ist ziemlich flach. Klingt gut, meinen Trainingshalbmarathon habe ich in 2:07 absolviert, ohne Höhenmeter, also ging ich hier von einer Zielzeit von 2:15 aus.


Ich lief sehr flott, hatte aber immer die Höhenmeter im Hinterkopf, die ich vor dem Wendepunkt erwartete.


Die Strecke vor der Wende verlief durch einen Wald, es war schön schattig und ich dachte, hey man merkt im Wald die Höhenmeter kaum. Naja, die Höhenmeter kamen dann natürlich erst nach dem Wendepunkt, denn ich stand plötzlich vor einem Berg, den die meisten, wie ich dann auch im Walking-Style erklommen. Aber was Bergauf geht, geht auch wieder Bergab und die Zeitverluste beim Aufstieg, konnten in einem langgezogenen Gefälle wieder reingeholt werden.


Am Ende waren es dann doch respektable 01:52:23 bei tollem Wetter. Eine wirklich schöne Veranstaltung mit anschließendem freien Eintritt im Spaßbad Wonnemar.





 
 





der letzte Lauf, bevor es nach Berlin ging
Am Freitag Nachmittag ging es nach Berlin.
Samstag bisschen Stadtbummel, lecker essen und dann auf die Sport-Messe Berlin Vital im Flughafen Tempelhof, die Startnummer abholen. Alles bestens organisiert und überall eine tolle Stimmung.


Man konnte auch auf einem Laufband die Geschwindigkeit des Top-Favoriten Eliud Kipchoge testen. Mit Sicherheits-Gurt.

Einige kamen da innerhalb von wenigen Sekunden an ihre Grenzen und Kipchoge läuft das Tempo 42km, 2 Stunden, also permanent 100 Meter in 17 Sekunden... puh.

   

Bei den letzten Toten Hosen Konzerten durfte ich Pro Asyl unterstützen und die Idee entstand auch beim Marathon in Berlin Farbe zu bekennen, das daraus resultierende Laufshirt ist echt toll geworden und es gab während des Laufs immer wieder tolle Resonanz darauf.

Natürlich sollte es am Samstagabend früh ins Bett gehn, aber die Aufregung war groß und so ging auch erst um halbeins das Licht aus.

Der Wecker klingelte am nächsten Morgen um sechs. Der erste Läufer geht um 09:15 Uhr über die Start-Linie, mein Startblock H war aber erst um 10:15 dran. Also konnte mit dem Frühstück bis 07:00 gewartet werden. Früher öffnete der Bäcker eh nicht. Nach dem Frühstück ging es dann mit der U-Bahn Richtung Brandenburger Tor. Auf dem Weg dorthin nur nette Leute, die mir viel Glück wünschten, echt schön!

Bei der Anmeldung zum Marathon musste man zwischen einem Kleiderbeutel zur Verwahrung oder einem Poncho nach dem Rennen wählen. Da ich bei der Kleiderabgabe bzw Abholung mit einem riesen Chaos rechnete, entschied ich mich für den Poncho. Aber ich musste vor Ort feststellen, dass alles wirklich sehr gut organisiert ist. Aber der Poncho, den ich nach dem Rennen erhielt, ist wirklich sehr schick ;-)
 
 

Mit bester Stimmung setzte sich die Mennschenmasse im letzten Startblock - um die 10.000 Läufer - pünktlich um 10:15 Uhr in Bewegung.

Der Sieger und Weltrekordläufer Eliud Kipchoge war zu diesem Zeitpunkt schon bei KM 21 angekommen. Ich hatte mir vorgenommen nicht zu schnell zu starten, war aber auch gar nicht möglich, bei so vielen Läufern.

Ich muss etwa 17.000 Läufer überholt haben, wenn ich die 10.000 aus meinem Startblock von den 44.389 abziehe und als 17.881 ins Ziel gekommen bin. Neben dem Hauptziel den Marathon zu finishen, also 42,195 km zu laufen, wollte ich dies unter 4:00 Stunden tun.

Ich hielt dementsprechend auch die ersten 20 km die entsprechende Geschwindigkeit, fühlte mich wohl damit und war von den ganzen begeisterten Zuschauern überwältigt.
 

Die ersten 20 Kilometer waren echt toll und vergingen einfach. Ich weiß nicht mal mehr genau wo ich so war. Ich musste jedoch die ganze Zeit auf die Toilette. An jeder Versorgungsstation standen einige Dixie-Häusschen, die waren jedoch immer sehr begehrt und ich wollte mir meinen Plan "unter-4-Stunden" nicht durch anstehen vermurksen.

Nach etwa 22 Kilometern bekam ich dann Rückenschmerzen, ich konnte diese nicht richtig zuordnen und beschloss nun endlich meine Blase zu leeren, so richtig ausgeschwitzt hatte ich das Problem nicht. Also bei KM 25, nach 2 Stunden 21, dann endlich ein Dixie ohne anstehen.

Hiernach gab es dann den ersten merklichen Leistungsabfall, ich fühlte mich zwar befreit, aber das Stehenbleiben und dann wieder Loslaufen, wurde immer beschwerlicher, jede Trinkpause warf mich weiter zurück. Ich merkte wie meine gewünschte Zielzeit immer unrealistischer wurde und verlor dadurch auch eine menge an Motivation. Eins kam mir allerdings nie in den Sinn: nicht anzukommen. Das war keine Option und hatte in all der Vorbereitung und auch während des Laufs keine Rolle gespielt. Bei KM 40 konnte ich dann auch nur noch Gehen und es fühlte sich wie eine Niederlage an. Die letzten paar hundert Meter vorm Brandenburger Tor trabte ich wieder an, denn ins Ziel muss schon gelaufen werden. Es war wirklich toll durch das Brandenburger Tor und den gleichen Zieleinlauf wie der neue Weltrekordhalter Eliud Kipchoge zu laufen.

Ein "Life-Goal" habe ich erreicht, weitere folgen, natürlich noch ein Marathon unter 4 Stunden ;-)
und vielleicht auch mal ein Triathlon...




Ergebnisse, Männer:

1.         Eliud Kipchoge        KEN        2:01:39
2.          Amos Kipruto         KEN        2:06:23
3.          Wilson Kipsang       KEN        2:06:48
4.          Shogo Nakamura    JPN          2:08:16
5.          Zersenay Tadese     ERI           2:08:46
6.          Yuki Sato               JPN           2:09:18
7.          Okubay Tsegay       ERI           2:09:56
8.          Daisuke Uekado     JPN           2:11:07
9.          Wily Chanchanya    PER           2:12:57
10.        Bart Nunen             NED          2:13:09
17.881. Daniel Dörre        GER          4:21:24

 
Meine Zeiten:
Split Tageszeit Zeit Diff min/km km/h
5 km 10:42:19 00:27:54 27:54 05:35 10.75
10 km 11:10:19 00:55:54 28:00 05:36 10.72
15 km 11:37:29 01:23:04 27:11 05:27 11.04
20 km 12:05:52 01:51:27 28:23 05:41 10.57
Halb 12:12:04 01:57:39 06:12 05:39 10.63
25 km 12:35:50 02:21:25 23:47 06:06 9.85
30 km 13:07:17 02:52:52 31:27 06:18 9.54
35 km 13:38:47 03:24:22 31:31 06:19 9.52
40 km 14:17:51 04:03:26 39:04 07:49 7.68
Finish 14:35:49 04:21:24 17:59 08:12 7.33
 
   

Der Schmerz geht - der Stolz bleibt!
 
   
Bergauf mein Antrieb und Schwung